Man ist frei, einfach frei!

    Das Wochenende ist fast erreicht und es bietet auch Gelegenheit für Spaziergänge oder Wanderungen. Nur wenig weiter in Richtung Norden erstrecken sich die Fahnerschen Höhen, die in Wald und Flur Wandermöglichkeiten offerieren. Hier gibt es Interessantes zu entdecken wie kürzlich nahe Witterda.

    Hier weidet seit einiger Zeit eine Schafherde mit 300 Tieren. Die Herde gehört einem Wanderschäfer – Andreas Schäfer. Tatsächlich sind sein Name und sein Beruf identisch. Von Weide zu Weide zieht der aus Eschenbergen jenseits der Fahnerschen Höhen stammende Schäfer, um die Tiere zu ernähren. 28 Hektar hat er gepachtet für seine insgesamt rund 450 Tiere. Dazu kommen die Weiden, die er wandernd mit der Herde aufsucht.

    Die eigenen Flächen unterliegen hohen Anforderungen an den Naturschutz. Hasen und Brutplätze der Vögel gilt es zu schützen. Gedüngt wird kaum, gespritzt schon gar nicht, verschiedene Blumensorten werden ausgesät. Für den Landschafts- und Naturschutz ist die Beweidung durch Schafe von Flächen von besonderer Wichtigkeit. 

    In dritter Generation sind die Schäfers Schäfer, seit 1979 übt Andreas den Beruf aus. Seine Ausbildung hat er einst in der LPG Molschleben absolviert und danach dort gearbeitet. 4.000 Schafe galt es dort großzuziehen, zu hüten, zu ernähren und schließlich zu „verwerten“. Nach der Armee-Zeit, die zeitlich ziemlich genau mit dem Ende der DDR zusammenfiel, machte sich Andreas Schäfer selbständig. Seit 1991 ist er „auf Wanderschaft“. Im Sommer wird gehütet, resp. gewandert. Dann gibt es keine Elektrozäune, sondern nur den Schäfer und seine Herde. Und seine treuen Begleiter und Gehilfen: Die beiden Harzer Füchse, eine Altdeutsche Hütehundrasse, Ben (erst sieben Monate alt und noch in der Ausbildung) und Rex, fünf Jahre alt. Sie halten die Herde zusammen, unterstützen den Schäfer, wenn es gilt, dass keines der Tiere ausbüxt oder angegriffen wird. 

    Spricht man mit Landwirten in diesen Tagen, wird erkennbar, welch widrigen Rahmenbedingungen sie ausgesetzt sind. Seit drei Jahren schon verschenkt Andreas Schäfer die Wolle – zwischen eineinhalb und zwei Tonnen pro Jahr. Anfang Mai werden die Schafe geschoren. Der Preis, den er für die Wolle erzielen könnte, ist so gering, dass sich die Vermarktung nicht mehr lohnt. Ein Inserat im Internet und innerhalb kürzester Zeit holen sich Privatleute die Wolle ab. 

    Mit der „Verwertung“ der Schafe oder Lämmer als Fleischlieferant sieht es ebenfalls alles andere als rosig aus, erklärt Andreas Schäfer. In unterschiedlichen Qualitätskategorien werden maximal zwischen 3,30 und 3,50 Euro, selten einmal vier Euro pro Kilo erzielt. Nach Berlin, Cottbus, Hamburg oder Alsfeld bei Frankfurt am Main verkauft Andreas Schäfer seine Tiere. Die Deutschen schwarzköpfigen Fleischschafe, die er hält, verfügen über viel Fleisch und haben weniger Wolle. Mit rund 17 Prozent Anteil an in Deuschland gehaltenen Schafen, nimmt diese Rasse den zweiten Platz nach den Merinoschafen ein. 

    Der in allen Medien scheinbar allgegenwärtige Wolf, der nach Deutschland zurückgekehrt ist, hat die Tiere von Andreas Schäfer bislang verschont. Doch Raubvögel und z.B. Kolkraben und Raben setzten dem Bestand zu, auch Füchse. Jedes Jahr verliert der Schäfer 50 bis 60 Lämmer durch diese Räuber. 

    Im Winter baut Andreas Schäfer Nistkästen für verschieden Vogelarten, hängt sie im zeitigen Frühjahr aus, reinigt und repariert sie jeweils am Ende der Brutsaison. Rund 200 Nistkästen hat er bereits im Bestand – die Arbeit vieler Winter. 

    Was ihn an seinem Beruf so fasziniere, wollte ich wissen. „Man ist frei, einfach frei.“, antwortet der passionierte Schäfer. „Es ist immer schön draußen, auch wenns regnet.“ Das ganze Jahr über sind Schäfer und Tiere draußen. Nur Mutterschafe sind temporär im Stall, wenn die Lämmchen noch klein sind. 

    Dass die Schafe gut auf ihren Chef hören, wird in wirklich beeindruckender Weise deutlich. Für ein Foto ruft Andreas Schäfer seine Tiere zusammen: „Hallo, meine Damen, kommt her.“ – und alle 300 schwarze Köpfe schauen im gleichen Moment zum Schäfer und kommen auf ihn zugelaufen. Für mich ein ganz besonderes Erlebnis. 

    Dass Schafe so perfekt hören, hält Andreas Schäfer für unerlässlich und fügt an: “Als Schäfer wird man geboren, dazu wird man nicht gemacht.“

    Autor: B. Köhler, Fotos: B. Köhler

    Jetzt aber schnell, Chef hat gerufen!

    Schwarzköpfige Fleischschafe mit kurzer Wolle und kräftigen Körpern

    Wanderschäfer Andreas Schäfer mit seinen Hunden Ben (li.) und Rex.

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