Unwetter über Erfurt © Sören Stapp
Unwetter schlägt Schneise der Verwüstung durch Erfurt
Es waren nur wenige Minuten, die am späten Dienstagnachmittag Teile der Thüringer Landeshauptstadt verwüsteten. Gegen 17:30 Uhr brach ein Unwetter herein, dessen Ausmaß für Erfurt neue Dimensionen eröffnet hat.
Rund 15 Minuten hinterließen zerstörte Dächer, kaputte Autos, umgestürzte, entwurzelte Bäume, überflutete Straßen, vollgelaufene Keller. „Ich glaube, keiner von uns hat so etwas jemals hier bei uns erlebt. Dieses schier unfassbare extreme Wetterereignis hat eine Schneise der Verwüstung durch Erfurt geschlagen“, resümiert am Morgen danach Oberbürgermeister Andreas Bausewein. Konkrete Warnungen, die dies so hätten vorgesagt, gab es nicht. Noch Minuten davor deuteten Wetterapps auf weitaus Glimpflicheres hin. „Die Bilder von gestern Abend werden sich einbrennen, die Sachschäden sind bei weitem noch nicht zu beziffern…“
238 Einsätze in fünf Stunden
Das Unwetter kam vom Westen und zog gen Osten über Erfurt. Besonders betroffen Hochheim, Bischleben, Messe und Ega, das Borntal, Teile der Andreasvorstadt, die Brühlervorstadt und das Dichterviertel. In dieser besonderen Lage wurde unverzüglich der Stab „Außergewöhnliche Ereignisse“ einberufen, „so war ein präzises und schnelles Handeln möglich“, schätzt Erfurts Sicherheitsbeigeordneter Andreas Horn ein. Im Lagezentrum des Gefahrenschutzzentrums in Marbach wurden ab 18 Uhr durch die Leitstelle 238 Einsätze für den Bereich Erfurt, Sömmerda und Weimar koordiniert, 172 davon in Erfurt. Um 00:45 Uhr wurde die Erfurter Feuerwehr wieder in den Normalbetrieb versetzt.
Massive Schäden im Baumbestand
Am Tag danach bleiben die verheerenden Bilder, die Aufräumarbeiten gehen weiter. Aktuell sind Teams aus verschiedenen Ämtern unterwegs, um alle Schäden aufzunehmen. Bilder von entwurzelten, zerbrochenen Bäumen prägen die Teile der Stadt, in denen das Unwetter wütete. „Vor allem alter Baumbestand wurde dabei massiv beschädigt“, weiß Stephan Wunder vom Garten- und Friedhofsamt. Wie hoch der Schaden ist, lässt sich aktuell noch nicht beziffern, dagegen steht fest: eine Versicherung, die Bäume ersetzt, gibt es nicht.
Auch seine Mitarbeiter waren bis tief in die Nacht im Einsatz, verstärkt durch die Feuerwehr, das Team des städtischen Bauhofs und externe Firmen. „Wir müssen ebenfalls Prioritäten setzen, haben zuerst Verkehrswege freigeräumt, konzentrieren uns jetzt auf Spielplätze, dann sind die Parkanlagen dran.“ Besonders betroffen seien der Nordpark und der Luisenpark. Der Hauptfriedhof hingegen blieb weitestgehend verschont.
Sein Appell an die Erfurterinnen und Erfurter: „Bitte achten Sie auf unsere Sicherungsmaßnahmen und begeben Sie sich nicht in Gefahr. Noch immer können Äste herabstürzen.“
Oberleitungen der Straßenbahnen massiv beschädigt
Michael Nitschke, Betriebsleiter der Evag, bestätigte, dass in direkter Folge des Unwetters kein regulärer Fahrbetrieb mehr möglich war. Reihenweise waren Äste oder ganze Bäume auf Oberleitungen gefallen. „Um diese Schäden zu beheben, müssen wir den Fahrstrom abstellen und somit kommt der gesamte Nahverkehr zum Erliegen“, erklärt Nitschke. Auch in der Hauptbahnhof-Unterführung ging lange nichts, weil dort der Wasserstand zeitweise bis zu 20 Zentimetern anstieg. An den Fahrzeugen gab es kaum Schäden, nur eine Scheibe einer Straßenbahn sei zu Bruch gegangen. Besonders betroffen ist der Streckenabschnitt von der Innenstadt zum Messegelände. Ein Teilabschnitt entlang der Domstraße konnte bis zum Mittag wieder freigegeben werden. Entsprechender Schienenersatzverkehr war und ist eingerichtet. „Ich danke unseren Mitarbeitern, die teilweise Stunden in den Fahrzeugen ausharren mussten und auch einigen Anwohnern, die unseren Fahrern Getränke oder in einem Fall sogar eine Pizza gebracht haben“, so Nitschke.
Schulen und Kindergärten weitgehend intakt
Kurz vor Beginn des neuen Schuljahres liegen auch auf vielen Schulhöfen abgeknickte Äste und umgestürzte Bäume. Arne Ott, Leiter des Amtes für Gebäudemanagement, kann aber Entwarnung geben: „Kein Schulgebäude wurde ernsthaft beschädigt. Der Schulbetrieb kann planmäßig kommende Woche starten. Auch der Baum, der auf das Königin-Luise-Gymnasium an der Melanchthonstraße gestürzt ist, hat keine starken Schäden verursacht“, sagt er. Auch die kommunalen Kindertagesstätten konnten und können demnach im regulären Betrieb weiterlaufen. Bei vielen aber bleiben vorerst die Außenanlagen geschlossen. Insgesamt verwaltet sein Amt 600 Gebäude in der Stadt. Bis auf vereinzelte Wassereintritte und herabgestürzte Dachziegel gebe es keine Schäden. Auch die laufenden Baustelleneinrichtungen seien vom Unwetter verschont geblieben.
Quelle: Stadtverwaltung Erfurt
(von Red. gekürzt)
Auf der Ega wurde am Mittwoch bereits aufgeräumt. © Steve Bauerschmidt
Ein Baum durchschlug einen Zaun an der Kita im Borntal. © Stadtverwaltung Erfurt
Das Sibyllentürmchen wurde von einem Baum getroffen. © Steve Bauerschmid
Die Topfpalmen im Egapark hielten dem Sturm nicht Stand. © Steve Bauerschmidt
An der Ecke Moritzstraße/Große Ackerhofsgasse war die Straße am Dienstagabend zeitweise überflutet.
© Stadtverwaltung Erfurt
Auf der Moritzwehrbrücke landeten abgebrochene Äste. © Stadtverwaltung Erfurt
Ein Baum blockierte den Weg unter der Moritzwehrbrücke. © Stadtverwaltung Erfurt