Hochwasser- und Naturschutz entlang der Gera
Nachdem die Geraaue in unserem Erfurter Norden eine umfassende Neugestaltung im Zuge der Bundesgartenschau und zudem zum Zweck des Hochwasserschutzes erfahren hat, wird der Bereich zwischen Kühnhausen und Gebesee, der projektbezogen als nördliche Geraaue bezeichnet wird, ebenfalls umgestaltet. Damit soll dem Fluss nun auch hier mehr Raum gegeben werden, um bei häufiger auftretenden Hochwasser- und Starkregenereignissen Menschen, Orte und landwirtschaftlich genutzte Flächen besser schützen zu können.
Dass die Dämme beim großen Hochwasser 2013 nicht gebrochen sind, rettete die Orte vor immensen Schäden, andere Regionen hingegen traf es hart. 2014 wurde im Bund der Beschluss gefasst, ein Nationales Hochwasserschutzprogramm aufzulegen, ein Jahr später begannen die aufwändigen Planungen. Teil dieses bundesweiten Programmes ist der Hochwasserschutz im genannten Bereich, der Auswirkungen auch auf unseren Stadtteil hat.
Weil der Fluss hier noch eng eingedeicht ist, an manchen Stellen begradigt wurde, kann das Wasser sich nicht in der Fläche ausbreiten und je mehr Wasser die Deiche mit ihrem überschau- und berechenbaren Fassungsvermögen führen, um so höher die Fließgeschwindigkeit und der Druck auf sie. Dass die Deiche so nah am Wasser stehen, hatte einst wirtschaftliche und nachvollziehbare Gründe, konnte doch so mehr landwirtschaftliche Nutzfläche generiert werden. Nun aber, in Zeiten sich häufender Starkregen- und Hochwasserereignisse ist diese Art der Eindeichung nicht mehr dazu geeignet, die Menschen in den Orten vor Katastrophen zu schützen.
Bundesweit werden rund 6,8 Milliarden Euro im Rahmen des Nationalen Hochwasserschutzprogrammes investiert, davon sind bereits 1,4 Milliarden verbaut worden. Hinzu kommen weitere 2,4 Milliarden, die seit 2015 in begleitende Maßnahmen und Deichsanierungen schon flossen. Hochwasserschutz und Starkregenvorsorge seien eine stetige Arbeit, Deiche und Anlagen müssen nicht nur gebaut, sondern auch unterhalten und gepflegt werden. Das erörterte Regina Paas, Regierungsdirektorin beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), anlässlich eines Treffens in der vorvergangenen Woche nahe der Gera in Walschleben. Dazu hatte am 19. Juni die Thüringer Landgesellschaft eingeladen. Sie setzt die geplanten Maßnahmen in unserer Region um.
Bernhard Stengele, Thüringer Minister für Umwelt, Energie und Naturschutz, verwies in seinem Grußwort darauf, dass die Gera bereits im 17. und 18. Jahrhundert teils umverlegt wurde, 200 Jahre habe das funktioniert, jetzt aber nicht mehr. Das sei nach 2013 besonders ins Bewusstsein gerückt: „Jetzt ist es Zeit, es besteht eine große Gefahr. Es ist eine so dringende Aufgabe, die über Jahre und Jahrzehnte fortgeführt werden muss. Man muss dranbleiben.“
Mario Suckert, Präsident des Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN), verwies auf die Bedeutung des Vorhabens in der nördlichen Geraaue. „Es ist eine der größten Maßnahmen im Rahmen des nationalen Hochwasserschutzprogrammes. Das Vorhaben ist technisch aufwändig (…).“ Dem Gewässer mehr Raum zu geben, eine „Erlebniswelt Wasser“ zu schaffen, die Orte und landwirtschaftliche Flächen zu schützen, den Naturraum aufzuwerten – formulierte Suckert die Ziele.
Auf die Gera entlang unserer Ortslagen entfallen ca. 60 Millionen aus dem Nationalen Hochwasserschutzprogramm. Und das ist geplant und wurde in Teilen bereits umgesetzt: Rückbau der Deiche auf einer Länge von 20,6 km, Neubau von sog. Volldeichen auf einer Länge von 19,5 km, Neubau von Teilschutzanlagen auf einer Länge von 13,1 km, Neubau von 12 Durchlass- und vier Entleerungsbauwerken, zudem zwei Absperrbauwerke, ein Pumpwerk, Überströmstrecken, drei Brücken werden durch neue ersetzt, eine vollständig und ersatzlos zurückgebaut. Geländemodellierungen werden vorgenommen, Deichverteidigungswege angelegt.
„Es wird ein ganz anderes Gewässer entstehen.“, kündigt Marcel Möller an, Abteilungsleiter Wasserbau bei der Thüringer Landgesellschaft. „Die Gera ist so tief eingeschnitten, dass sie sich nicht mehr natürlich entwickeln kann. Es müssen neue Strukturen erst entwickelt werden.“ Dafür wurden drei Bereich ausgewählt, wie u.a. im Bereich unterhalb des Morgenberges in Walschleben, wo ein Mäander geschaffen wurde.
In drei Bauabschnitten sollen die Maßnahmen bis 2033 umgesetzt werden. Derzeit wird der Deichbau am Gewebegebiet in Walschleben fortgeführt.
Autor: B. Köhler, Fotos: B. Köhler
Mario Suckert Präsident des TLUBN
Regina Paas, Regierungsdirektorin vom Bundesministerium
Thüringer Minister Bernhard Stengele
Regina Paas, Mario Suckert, Carolin Leefers, Uwe Köhler, Bernhard Stengele, Marcel Möller, Frau Schumacher (BMEL), Dr. Alexander Schmidtke (v.l.)
Angeregte Diskussionen mit dem Landesminister
Im Gespräch mit Minister Bernhard Stengele: Bürgermeister Lukas Roth (Mitte), Bürgermeister Hans Vollrath (li.)