Bewegende Buchlesung über Flucht und Ankommen
Am 26. Oktober fand in den sehr gut besuchten Künstlerwerkstätten, im Komplex des ehemaligen Garnisonslazaretts an der Nordhäuser Straße, ein Buchlesung mit der Autorin Gudrun Meise statt.
Jahrgang 1937, in Weißenberg (heute Polen) geboren, erzählte sie auf unterhaltsame Weise über Freud und Leid von den Erlebnissen als Kind, über die Stationen der Flucht 1944 aus Memel (heute Litauen) und das Ankommen bei den Großeltern in Westfalen.
Als die Mutter – der Vater ist 1943 in Russland gefallen – sich mit den fünf Kindern auf die Flucht begibt, glaubten sie noch an die Rückkehr in ihre Heimat. In ihrer autobiographischen Erzählung berichtete sie über die Freude, wenn ein Paket aus Amerika kommt, oder dass alle die Schulspeisung erhalten, weil sie unterernährt sind und wie eine Milchkanne ihr zum Verhängnis beim Bombenangriff wurde. Sie mahnt, dass der Krieg der Erwachsenen nicht nur die Städte zerstört hat, die wieder aufgebaut werden können, sondern auch die Kinderseelen.
Wie schwer es ist, diesen Ballast nicht zu verdrängen, sondern ihn durch Erinnerung abzutragen, darum geht es Gudrun Meise in ihrem Buch
„Erinnerung an Krieg und Flucht“ und ihrer provokanten Frage „Hat uns doch nicht geschadet, oder?“
Im Anschluss an die Lesung wurde von anwesenden Flüchtlingskindern, deren Eltern nie über Krieg und Flucht gesprochen hatten, angeregt diskutiert. Für den Geschichtslehrer, der mit Schülerinnen und Schülern vom Anger-Gymnasium aus Jena zu dieser Veranstaltung gekommen war, sind solche Diskussionen gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig.
Seit fast 30 Jahren lebt Gudrun Meise in Südfrankreich und gründete 1994 in Durban-Corbières ein Kulturhaus, in dem Lesungen, Konzerte und Ausstellungen stattfinden.
Von 2014 – 2018 war sie Präsidentin des Vereins „Eurocultures en Corbières“. In dieser Funktion hat sie mit dem Theaterverein PATT (Performance Art Theater Thüringen) aus Erfurt einige Projekte erfolgreich durchgeführt.
Damit das Thema über Krieg und Flucht weiter diskutiert wird, hat Gudrun Meise im Jahr 2025 Lesungen mit Schülern geplant.
Quelle Text und Bild: V. Thieme, Vorsitzender PATT e.V. (red. bearbeitet)